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„Manager wie Gründer wissen um Reputation, Standing und die besonderen Türöffner-Qualitäten der Placement Agents“

22/09/2022

Frankfurt am Main, 5. September 2022

– Erstellt von Markus Hill im Gespräch mit Sebastian Thürmer, artis Institutional Capital –

Placements Agents, Startups, Real-Assets-Research, ESG, und „mit Wasser kochen“ – Markus Hill* sprach für IPE D.A.CH mit Sebastian Thürmer, geschäftsführender Gesellschafter der artis Institutional Capital Management GmbH, über Trends und Themen im Bereich Alternative Investments. Immobilien, Private Equity, Infrastrukturinvestments, Private Debt – auch in den kommenden Jahren wird das Thema Investorendialog für Placement Agents weiterhin eine Herausforderung darstellen. Ebenso kurz angesprochen wurden auch der Rheingau, Wandern und der besondere „Frankfurter Mix“.

IPE D.A.CH: Herr Thürmer, was macht eigentlich ein Placement Agent?
Thürmer: Allgemein betrachtet, kann man den Placement Agent als Intermediär zwischen Kapitalsuchenden und potenziellen Kapitalgebern beschreiben, dessen Ziel es ist, die Richtigen aus beiden Lagern zusammen zu bringen. Geht es um Kapitalbeschaffung, so werden Placement Agents vorwiegend von Asset Managern aus allen Anlagebereichen und zunehmend auch von Start-up-Unternehmen kontaktiert und beauftragt. Manager wie Gründer wissen um Reputation, Standing und die besonderen Türöffner-Qualitäten der Placement Agents. Es sind Leistungen, die auf Vertrauen basieren und von den Kapitalsuchenden oft nicht selbst erbracht werden können. Überdies weiß man, dass es sich bei institutionellen Investoren, dazu zählen Unternehmen der Assekuranz, Altersvorsorgeeinrichtungen, Beteiligungsgesellschaften, Dachfonds, Staatsfonds, Stiftungen und kirchliche Einrichtungen oder Family Offices, um ein anspruchsvolles, hochqualifiziertes und manchmal auch öffentlichkeitsscheues Klientel handelt, dass keine Anlagemöglichkeiten von der Stange wünscht, sondern nach dem individuellen Zuschnitt fragt.

IPE D.A.CH: Welche Leistungen bieten Placement Agents konkret an?
Thürmer: Geht es um die Kernzielgruppe Asset Management, so ist hier natürlich das Netzwerk des Placement Agents zu nennen, dass es ihm gestattet, unverbindliche Kontakte zu aktivieren, echtes Nachfragepotenzial zu eruieren und dann auch Türen für Sondierungen und weiterführende Gespräche zu öffnen. Überdies stellen diese in der frühen Pre-Sales-Phase frische Marktinformationen (Market Sounding) und regulatorisches Know-how zur Verfügung. Sie dienen in wichtigen neuralgischen Fragen als Sparringpartner, unterstützen bei der Entwicklung einer schlüssigen Targeting-Strategie, optimieren das Marketing-Instrumentarium, entwerfen einen Auflaufplan inklusive Roadshows und Terminierung bei institutionellen Entscheidungsträgern. Reicht bei der Sondierung potenzieller Nachfrager der direkte Kontakt zu einem Ansprechpartner, einer Gesellschaft bzw. deren Consultant nicht aus, da gewisse Konstellationen auch das Vertrauen anderer involvierter Personen erfordern, die sonst eher im Hintergrund agieren, so ist der Placement Agent gleichzeitig als behutsamer Kommunikator gefragt. Speziell bei Family Offices, Stiftungen und kirchlichen Einrichtungen handelt es sich häufig um sensible Player, die nur mit Geduld, Sorgfalt und dem richtigen Maß an Empathie erschlossen werden können.

IPE D.A.CH: Fokussiert sich Ihr Unternehmen artis Institutional Capital Management GmbH auf alle Assetklassen?
Thürmer: Wir konzentrieren uns bewusst auf alternative (indirekte) Anlagen wie Energie-Infrastruktur, Private Debt, Private Equity oder Nischenprodukte im Immobilienbereich. Ich selbst kann auf 30 Jahre Führungs- und Vertriebserfahrung im Banking zurückblicken, sowohl liquide als auch illiquide Anlagen. Vor zwanzig Jahren unternahm ich einen fünfjährigen Ausflug in den Immobilienbereich, um bei einer im Aufbau befindlichen Immobilien-Kapitalverwaltungsgesellschaft das Investorenmanagement, den Vertrieb und das Marketing auf- und auszubauen. Seit einigen Jahren bin ich nun als Consultant und Placement Agent, ausschließlich im alternativen Bereich und Immobilien, tätig. Gerade bei alternativen Anlagen suchen institutionelle Investoren nicht nur Verkäufer, sondern auch erfahrene Spezialisten, welche auch die Gesamtmarktbetrachtung mit einfließen lassen. Wir gehen in den nächsten Jahren von einem hohen Wachstumspotenzial für alternative Anlagen aus. Diese werden deshalb schon in einigen Jahren eine bedeutende Funktion in der Gesamtallokation einnehmen.

IPE D.A.CH: Banken und Finanzdienstleister drängen auch zunehmend in diesen Markt. Spüren Sie den aufkommenden Druck?
Thürmer: Banken und Kapitalverwaltungsgesellschaften sind in diesem Investitionsbereich nur selten ein angemessener Partner. Sie verkaufen zumeist auch nur eigene Produkte. Es gibt aber auch vereinzelt Privatbanken, welche auch Drittprodukte mit anbieten. Ausrichtung, Produktfindung und Platzierung alternativer Anlagen sind für viele Banken aber Neuland. Die Ursachen sind in der traditionellen Rolle der Banken zu sehen: Banken sind schwerpunktmäßig stark auf liquide Anlagen und nicht auf alternative Investments ausgerichtet. Das spürt man aktuell besonders durch die angebotenen Strategien im festverzinslichen Bereich, welche durch die in den vergangenen sechs Monaten deutlich gestiegenen Zinsen Auftrieb erhalten haben. Allerdings wird mit Sicherheit auch im alternativen Bereich in naher Zukunft ein Aufholprozess eingeleitet, denn Wachstumschancen lassen sich Banken nur ungern entgehen. Das hat nicht nur etwas mit den Themen Nachhaltigkeit, ESG oder Klimawandel zu tun, sondern auch mit der Diversifikation des Gesamtportfolios und des Risikomanagements. Mir ist vor Mitbewerbern aber nicht bange, da Banken auch nur „mit Wasser kochen“ und uns oder andere Placement Agents beim Vertrieb ihrer Produkte oftmals mit ins Boot nehmen.

IPE D.A.CH: Wie stellen Sie sicher, dass Ihnen angebotene Themen auch im Markt nachgefragt werden?
Thürmer: Wir prüfen im Rahmen einer ausführlichen und langwierigen Due Diligence das Geschäftsmodell inklusive Chancen-/Risiko-verhältnis, funktionierenden Risikomanagement, bisheriger Zielerreichung und zukünftiger Zielsetzung im Sinne der institutionellen Anleger. Das beinhaltet selbstverständlich auch die Gesellschaft der Produktinitiatoren selbst, als auch die in Verantwortung stehenden Personen. Dies geschieht in Eigenregie mit unserem bestehenden Netzwerk und/oder in Zusammenarbeit mit der Kapitalverwaltungsgesellschaft, welche das Sondervermögen dann auflegt. Parallel führen wir bei jeder Produktprüfung ein umfassendes „Market Sounding“ bei institutionellen Investoren durch. Dabei geht es nicht um Kapitalzusagen im Anfangsstadium, sondern um die Einschätzung professioneller Anleger, ob das Thema, das Produkt oder das verantwortliche Fundmanagement institutionellen Ansprüchen genügt.

IPE D.A.CH: Sie haben kürzlich erneut die Studie „Präferenzen institutioneller Anleger bei Immobilien und alternativer Investments“, gemeinsam mit Telos Rating, durchgeführt. Welche Ergebnisse haben Sie besonders erstaunt?
Thürmer: Besonders erstaunt hat mich eigentlich keines der Ergebnisse, da wir ohnehin im ständigen Austausch mit institutionellen Anlegern sind. Aber es war schon wichtig, die Erkenntnisse auch einmal repräsentativ zu erhalten. Schließlich haben Anfang 2022 64 institutionelle Anleger aus Deutschland mit einem Anlagevolumen von über 1,2 Bio. Euro an unserer Studie mitgewirkt. Interessant sind nicht nur die Antworten bezüglich neuer Investments, sondern auch das neue Denken in Bezug auf Nachhaltigkeit, egal ob bei Klimathemen oder bei sozialer Ausrichtung. Die vergangenen 24 Monate standen stark im Zeichen einer deutlich fortschreitenden Klima- und Wertediskussion. In der Denkweise institutioneller Investoren sind Themen wie Nachhaltigkeit und ESG sowie eine daraus folgende Regulierungsausweitung wie beispielsweise die EU-Taxonomie-Verordnung mittlerweile schon fest implementiert. Das Thema Nachhaltigkeit hat 2022 nochmals enorm an Bedeutung hinzugewonnen, obwohl 2021 schon auf hohem Niveau. Das spiegelt sich bei den Aussagen, „Nachhaltigkeit in der öffentlichen Diskussion“ oder „Nachhaltigkeit hausintern bei den Kapitalanlageentscheidungen“ wider. Als wichtig oder sehr wichtig stuften dieses Jahr 82% der institutionellen Anleger das Thema Nachhaltigkeit ein. 2021 waren es noch 74%. Der hohe Stellenwert des Themas wird auch dadurch untermauert, dass lediglich 4% der Institutionellen angaben, dass Nachhaltigkeit für sie weniger wichtig bzw. unwichtig sei; 2021 waren es hier noch 11%. Versicherungen und Altersvorsorgeeinrichtungen sind hinsichtlich der Implementierung organisatorischer Maßnahmen weiter als die Gesamtheit der institutionellen Anlegerschaft. Auffallend ist jedoch die Einschätzung Institutioneller hinsichtlich der Bedeutung der Aufsichtsbehörden bei Nachhaltigkeitsthemen. Diese hat sich im Vergleich zum Vorjahr von 31,7% auf 62% fast verdoppelt.

IPE D.A.CH: Vor dem Hintergrund des aktuellen Kapitalmarktumfeldes – welche Trends konnten Sie aus der Studie generieren bzw. welche Gegebenheiten in der Kapitalanlage beobachten Sie aktuell?
Thürmer: Die neuinvestierten Kapitalanlagen in Richtung nachhaltiger Anlageeigenschaften sind erst der Beginn einer grundlegenden Verschiebung der Investmentbedürfnisse. Wir sprechen also nicht von einer Modeerscheinung, wie anfangs von so manch kritischen Marktbeobachter vermutet. Nachhaltigkeit ist unserer Ansicht nach längst zu einem wirtschaftlichen Erfolgsfaktor geworden. Besonders Unternehmen der Assekuranz streben danach, ihre Anlagen in den nächsten 10 bis 20 Jahren klimaneutral zu gestalten. Jedem Anleger oder Produktanbieter muss klar sein, dass nachhaltige Kapitalanlagen die großen Treiber für die Zukunft darstellen. Damit ist die Zeitenwende auch schon in der Gegenwart angekommen. Große Nachfrage auf absehbare Zeit dürften Infrastrukturthemen einnehmen, besonders im Energiesektor. Bei Private Debt werden kurz- bis mittelfristig verstärkt Anlageopportunitäten im Immobilien- und Infrastrukturbereich gesucht sein. Die Nachfrage nach Private Equity-Beteiligungen verbleibt auf hohem Niveau. Spannend wird es bei den erneuerbaren Energien. Einerseits existiert bei Institutionellen eine hohe Bereitschaft zu investieren, andererseits sind die Renditen aber eher dürftig. Allerdings wären 77% der Anleger laut unserer Studie bereit, auch in Projektentwicklungen, zumindest als Beimischung, zu investieren, was die Renditeerwartung deutlich verbessern kann. Schwieriger wird es hingegen für klassische Immobilienanlagen. Aufgrund der in den vergangenen zehn Jahren gestiegenen Preise, aber auch wegen der mittlerweile recht hohen Immobilienquoten in den Portfolios, dürfte mittelfristig eher eine Beruhigung oder Seitwärtsbewegung eintreten. Hinzu kommt die aktuelle Zinsentwicklung, welche die Assetklasse Immobilien unattraktiver erscheinen lässt, aber Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel.

IPE D.A.CH: Sie hatten eben die aktuelle Zinsentwicklung angesprochen. Könnte es sein, dass sich Institutionelle in Zukunft bei alternativen Anlagen eher zurückhalten und sich wieder liquiden Anlagen zuwenden?
Thürmer: Der rasante Zinsanstieg seit Jahresanfang hat sicherlich viele Marktteilnehmer überrascht. Anfangs war tatsächlich eine deutliche Zurückhaltung erkennbar. Mittlerweile ist der Schock verdaut und Institutionelle bekennen sich weiterhin zu den in den vergangenen Jahren aufgestellten Zielplanungen. Gerade beim Thema Energie-Infrastruktur sehe ich deutlichen Spielraum nach oben, da die überwiegende Mehrheit der Institutionellen erst jetzt diese Assetklasse thematisch ausbauen möchte. Ich behaupte sogar, dass institutionelle Anleger Infrastrukturinvestments zukünftig als „das neue Immobilieninvestment“ ansehen werden. Die Quoten werden auf Sicht der nächsten fünf Jahre stark anziehen. Solche Anlagen bieten langfristig Perspektiven; einerseits mit sehr auskömmlichen Renditen und andererseits der Idee nach Umsetzung hin zu klimaorientiertem Handeln.

IPE D.A.CH: Wenn Sie gerade einmal nicht mit Investoren sprechen, wie bekommen Sie Ihren Kopf frei, was lässt Sie „durchatmen“?
Thürmer: Ich bin gerne in Bewegung, sowohl mit Wandern als auch mit dem Fahrrad im Umland von Frankfurt. Ich genieße auch sehr gerne kulturelle Veranstaltungen wie das Rheingau Musik Festival oder Museumsbesuche beziehungswiese Ausstellungen im Rhein-Main-Gebiet.

IPE D.A.CH: Was gefällt Ihnen an Frankfurt besonders?
Thürmer: Frankfurt hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr positiv entwickelt, sowohl städtebaulich als auch kulturell. Die Menschen hier sind bodenständig und zugleich weltoffen. Die Stadt hat viel Historie zu bieten und ist Neuem sehr aufgeschlossen, quasi eine Symbiose zwischen alt und neu oder Gründerzeitarchitektur und Skylines. Mich fasziniert diese Mischung.

IPE D.A.CH: Vielen Dank für das Gespräch.

*) Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt am Main.
Sebastian Thürmer ist Geschäftsführer der artis Institutional Capital Management GmbH.

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